Drohende Fahrverbote Scheuer offen für Hardware-Nachrüstung bei alten Dieselautos
Bundesweit drohen weitere Dieselfahrverbote. Unter dem Druck der CDU verspricht CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer nun ein neues Konzept für die Abgas-Nachrüstung. Und appelliert an die Autoindustrie.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat angesichts weiterer drohender Fahrverbote ein neues Konzept zu Nachbesserungen an älteren Dieselfahrzeugen angekündigt. "Wir werden uns technische Gedanken machen, wie wir bestehende Fahrzeuge noch sauberer bekommen", sagte er in einer per Twitter verbreiteten Videobotschaft. "Dazu brauchen wir aber auch die Automobilhersteller." Ohne deren Bereitschaft, "für die Zukunft des Diesels zu sorgen", werde es nicht möglich sein, ein solches Konzept umzusetzen.
Dieses könnte offenbar die seit Monaten in der Bundesregierung umstrittenen Hardware-Nachrüstungen beinhalten. "Bei Euro 5 kann man das ins Augen fassen", sagte Scheuer am Freitag im Fernsehsender n-tv auf die Frage, ob eine solche Hardware-Umrüstung nun von der Bundesregierung angestrebt werde. Das Kabinett streitet seit Monaten, ob neben den bereits laufenden Softwareupdates von 6,3 Millionen Dieselautos auch Nachrüstungen der Abgasreinigung direkt am Motor nötig sind.
Verkehrsminister Scheuer war bisher dagegen, doch zuletzt wuchs auch der Druck aus der Union. So fordert die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU), Stickoxid-Katalysatoren in ältere Dieselautos einzubauen.
CDU Nordrhein-Westfalen erhöht Druck auf Scheuer
"Nach Berechnungen unserer Behörde bringt die Nachrüstung eine deutliche Verbesserung für die Luftqualität gerade in Städten wie Köln und Düsseldorf", sagte Heinen-Esser dem SPIEGEL. Technisch sei bei mindestens einem Drittel aller Dieselfahrzeuge der Einbau sogenannter SCR-Katalysatoren möglich. Die Maßnahme hält sie für geeignet, um Kommunen davor zu bewahren, Fahrverbote für diese Autos zu verhängen.
Die Landesministerin fordert Scheuer auf, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Für die von ihrer Behörde auf 1500 bis 3000 Euro geschätzten Einbaukosten pro Fahrzeug solle auch die Autoindustrie aufkommen. Nordrhein-Westfalen ist damit nach Hessen und Baden-Württemberg ein weiteres von der CDU mitregiertes Bundesland, das sich für Hardware-Nachrüstungen einsetzt.
Weitere Fahrverbote drohen
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte sich bereits dafür ausgesprochen, Hardware-Umrüstungen auf Kosten der Autobauer schnell anzugehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte eine Entscheidung bis Ende September angekündigt.
Das Konzept solle in den kommenden Tagen erarbeitet werden, kündigte der Minister an. Dabei solle auch erörtert werden, "wie ein Umstieg in ein neues Fahrzeug" möglich sei. Ob Scheuer damit finanzielle Hilfen für Autokäufer meint, sagte er nicht.
In vielen deutschen Städten drohen Fahrverbote für Dieselwagen, weil die Luft zu stark mit gesundheitsschädlichen Stickoxiden (NOx) belastet ist. Viele Experten gehen davon aus, dass bisher laufende Maßnahmen nicht ausreichen, um weitere Fahrverbote zu verhindern. Es gibt bereits mehrere Gerichtsverfahren, viele Autofahrer wollen ihre Dieselautos in privater Initiative nachrüsten.
Unangenehmes Thema für die CDU im Hessen-Wahlkampf
Merkel hatte kürzlich bereits in einer Sitzung der Unionsfraktion nach Teilnehmerangaben angekündigt, sie werde sich um die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen kümmern. Das Thema spiele im hessischen Landtagswahlkampf eine Rolle, die Bürger stellten viele Fragen.
Auch in Frankfurt am Main droht nach einem Gerichtsurteil ein Fahrverbot für ältere Diesel. Am 28. Oktober wird in Hessen gewählt. Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier hält Hardware-Nachrüstungen für richtig. In Stuttgart soll es zum Jahreswechsel Fahrverbote geben, in Hamburg sind sie auf zwei Teilstrecken schon in Kraft.
Neben der SPD und Teilen der CDU sind auch Grüne, FDP und Linke für Hardware-Nachrüstungen. Die AfD ist dagegen. Ob die Autobauer zu den technischen Nachrüstungen verpflichtet werden können, ist allerdings umstritten. Denkbar wäre aus Sicht mancher Politiker auch, dass Industrie und Steuerzahler die Kosten gemeinsam tragen.
nis/gt/dpa/afp